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Colitis ulcerosa

Das solltest du wissen

Mit der Diagnose Colitis ulcerosa tun sich viele Fragen auf. Einige davon findest du im folgenden Text,  dem Podcast und in den verlinkten Beiträgen beantwortet.

In dieser Episode sprechen wir über Tabuthemen wie Blut beim Toilettengang, Stuhlproben, und den Moment der Diagnose, welche ein Leben komplett auf den Kopf stellen kann. Ausserdem klärt Prof. Dr. med. Stephan Vavricka darüber auf, was Colitis ulcerosa genau ist.

Was ist Colitis ulcerosa?

Colitis ulcerosa ist eine chronische Entzündung der Dickdarmschleimhaut. Dabei können Geschwüre entstehen, die Bauchkrämpfe und blutige Durchfälle verursachen. Der Krankheitsverlauf ist oft schubartig. Die Colitis ulcerosa zählt zu den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED). Die Erkrankung kann in jedem Alter auftreten. Am häufigsten erkranken junge Menschen zwischen 20 und 30 Jahren. In der Schweiz sind 5 von 1000 Einwohnern von Colitis ulcerosa betroffen.

Was sind die Folgen für mich?

Der Entzündungsprozess ist dauerhaft in deinem Körper vorhanden, auch wenn du ihn nicht bemerkst. Der Erkrankungsverlauf einer Colitis ulcerosa lässt sich nicht vorhersagen und kann ganz unterschiedlich ausfallen: milde und symptomarm oder mit häufigeren und stärkeren Beschwerden. Ein nicht seltenes Phänomen sind Schübe mit vermehrter Symptomatik aufgrund einer erhöhten Entzündungsaktivität, die sich mit Ruhe- bzw. Remissionsphasen abwechseln. Die Beschwerden können aber genauso gut über längere Zeit anhalten, nur sehr selten auftreten oder manchmal auch ganz verschwinden. Eine therapeutische Heilung ist bisher nicht möglich, mit einer geeigneten Therapie, manchmal aber auch mit einer Dickdarmentfernung aber in vielen Fällen eine komplette Beschwerdefreiheit erreicht werden.

 

Was macht die Colitis ulcerosa im Körper?

Bei der Colitis ulcerosa ist die oberflächliche Schicht des Dickdarms entzündet, die Schleimhaut (Mukosa). Manchmal ist auch die Submukosa betroffen, eine schmale Bindegewebsschicht direkt unter der Schleimhaut. Tiefere Darmwandschichten bleiben – anders als beim Morbus Crohn – vom Entzündungsprozess unberührt.

Welche Darmabschnitte werden von der Entzündung erfasst?

Die Entzündung beginnt normalerweise im letzten Abschnitt des Dickdarms, dem Enddarm (Rektum). Von dort steigt sie weiter auf. Bei fast der Hälfte der Patienten sind der Enddarm und der im Becken gelegene Teil des Dickdarms, das Sigmoid, betroffen. Bei etwa jedem dritten Patienten erstreckt sich die Entzündung bis in den linken Dickdarm und bei rund jedem fünften auf den gesamten Dickdarm. In der Regel kommt der Entzündungsprozess spätestens am Übergang vom Dünn- zum Dickdarm zum Stillstand – ein weiterer Unterschied zum Morbus Crohn.

Darmbereiche

Was passiert an der Schleimhaut genau?

Die Schleimhaut kleidet den Verdauungstrakt wie eine Tapete von innen aus und hat eine sehr wichtige Barrierefunktion für die Trennung zwischen Darminhalt bzw. Umwelt und Körperinnerem. Bei gesunden Menschen verhindert die intakte Schleimhaut, dass Darmbakterien in die Darmwand gelangen. Bei der Colitis ulcerosa ist die Schleimhautbarriere allerdings undicht und Darmbakterien können aus der Darmhöhle in die Darmwand eindringen.

Das Immunsystem wird dadurch aktiviert und es kommt zu einer komplexen Abwehrreaktion. Sie äussert sich in den fünf typischen Anzeichen einer Entzündung, die mehr oder weniger stark ausgeprägt sein können und sich nicht unbedingt bemerkbar für dich machen:

  • Schwellung,
  • Rötung,
  • Erwärmung,
  • Schmerz,
  • Funktionsverluste.

Das aus Körpersicht sinnvolle Ziel dieser Abwehrreaktion ist es, die Erreger wieder aus dem Gewebe zu entfernen. Dafür wandern vermehrt Immunzellen in die Darmwand ein und werden hier aktiv, indem sie Botenstoffe ausschütten, die die Entzündung weiter ankurbeln. Die Bakterien werden von Fresszellen (Makrophagen) durch Einverleibung (Phagozytose) unschädlich gemacht. Wenn alle Eindringlinge beseitigt sind, schaltet das Immunsystem normalerweise wieder in den Ruhemodus.
 
Das Problem bei Colitis ulcerosa: Das Immunsystem kommt nicht zur Ruhe, sondern reagiert immer weiter. Die Folge: Die Entzündungsreaktion zerstört nach und nach die gesunde Schleimhautschicht.

 

Bei Colitis ulcerosa ist eine chronische Entzündung des Dickdarms. Die Entzündung ist, anders als beim Morbus Crohn, auf die Schleimhautschichten des Darms beschränkt.
Bei Colitis ulcerosa ist eine chronische Entzündung des Dickdarms. Die Entzündung ist, anders als beim Morbus Crohn, auf die Schleimhautschichten des Darms beschränkt.

Welche Ursachen hat Colitis ulcerosa?

Die genauen Ursachen von Colitis ulcerosa sind bis heute unbekannt. Verschiedene Möglichkeiten werden von Ärzten und Wissenschaftlern diskutiert.

Irritiertes Immunsystem: Das körpereigene Abwehrsystem dient normalerweise dem Schutz vor Erkrankungen. Im Unterschied zur Situation bei gesunden Menschen kommt es bei Colitis ulcerosa zu einer überschiessenden Immunreaktion, die gegen harmlose Darmbakterien gerichtet ist und den Entzündungsprozess aufrechterhält. Wodurch diese Fehlregulation letztlich zustandekommt, ist nicht bekannt. Vermutlich sind auch Mikroorganismen im Darm bzw. ein Ungleichgewicht der Darmflora (Dysbiose) an der Entstehung der Colitis ulcerosa beteiligt.

Umwelteinflüsse und Lebensweise: Fest steht, dass die Colitis ulcerosa vor allem eine Krankheit der Industrienationen ist, es gibt geografische und ethnische Unterschiede in der Verbreitung. Neben zivilisatorischen Faktoren spielen weitere, noch unklare Umwelteinflüsse und die individuelle Lebensweise eine Rolle.

Fest steht auch, dass Erkrankungen wie Allergien und Autoimmunerkrankungen sowie CED zunehmend häufiger auftreten. Die sogenannte Hygienehypothese erklärt diesen Befund mit einem veränderten Lebensstil (weniger Kontakt zu Nutztieren, Rauchen), verbesserten sanitären und medizinischen Massnahmen (Nutzung von Antibiotika und Wurmmitteln) sowie Veränderungen in der Ernährung (Fast Food). Wegen der sauberen Umwelt, so die These, setzt sich das Immunsystem nicht oft genug mit Keimen auseinander. Aus mangelndem „Training“ attackiert es harmlose oder auch körpereigene Strukturen als „Ersatzfeinde“. Für diese Theorie spricht die Beobachtung, dass Kinder, die auf dem Bauernhof aufwachsen, seltener an Allergien erkranken.

Aus Zwillingsstudien ist bekannt, dass Betroffene mit Colitis ulcerosa häufiger als ihre gesunden Geschwister Antibiotika eingenommen, Fleisch gegessen und unter Blinddarmentzündungen gelitten haben. Allerdings kann niemand sagen, wie stark jeder dieser Faktoren das Entstehen der Krankheit tatsächlich beeinflusst.

Was ist der Einfluss von Rauchen auf Colitis ulcerosa?

Erstaunlicherweise haben Wissenschaftler festgestellt, dass Raucher seltener an einer Colitis ulcerosa erkranken. In einer Studie wurde auch ein entzündungsdämpfender Effekt bei männlichen Rauchern mit Colitis ulcerosa festgestellt. Dennoch begründet das keine Empfehlung zum Rauchen.
Im Gegenteil: Bei der anderen bekannten CED, dem Morbus Crohn, ist Rauchen als wichtiger Risikofaktor für den Krankheitsausbruch und einen schwereren Krankheitsverlauf bekannt. Die Gefährlichkeit des Rauchens im Hinblick auf Krebs, Herz-Kreislauf-Krankheiten und schwere Atemwegserkrankungen sind weithin bekannt. In der Gesamtabwägung ist davon auszugehen, dass das Risiko den Nutzen auch bei der Colitis ulcerosa klar überwiegt.

Ist die Colitis ulcerosa eine Autoimmunerkrankung?

Um eine klassische Autoimmunerkrankung handelt es sich bei der Colitis ulcerosa nicht. Für den komplexen Entstehungsprozess müssen mehrere der genannten Faktoren zusammenkommen.

Ist Stress ein Auslöser von Colitis ulcerosa?

Stress, Angst oder andere psychische Probleme gelten nicht als Auslöser für die Erkrankung. Allerdings kann Stress einen erneuten Schub begünstigen.

Wird Colitis ulcerosa vererbt?

Tatsächlich gibt es eine familiäre Häufung bei Colitis ulcerosa, die auf eine erbliche Veranlagung (genetische Prädisposition) schliessen lässt. Allerdings ist bisher kein einzelner Auslöser bzw. Marker bekannt. Vielmehr sind bei Menschen mit Colitis ulcerosa manche Genorte im Vergleich zu Gesunden leicht verändert. Bis jetzt wurden rund 200 Genveränderungen identifiziert, für die ein Zusammenhang mit CED  angenommen wird.

Risikofaktoren für chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED)
Risikofaktoren für chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED)

Welche Symptome treten bei Colitis ulcerosa auf?

Das Beschwerdebild kann bei einer Colitis ulcerosa ganz unterschiedlich ausgeprägt sein. Auch wenn die Entzündung dauerhaft im Körper präsent ist, muss sich das nicht immer durch Symptome äussern. Bei einigen Patienten ist der Erkrankungsverlauf milde und verursacht nur selten Beschwerden, andere klagen über häufigere und stärkere Symptome. Es kann immer wieder zu Schüben mit aufflammendem Entzündungsprozess kommen, denen Ruhe- bzw. Remissionsphasen mit wenig oder keinen Krankheitsanzeichen folgen. Die Beschwerden können auch über längere Zeit anhalten oder nur ganz sporadisch auftreten.

Häufige Symptome bei Colitis ulcerosa sind:

  • schleimige, blutige Durchfälle;
  • krampfartige Bauchschmerzen;
  • Blähbauch;
  • Gewichtsverlust;
  • Fieber und Krankheitsgefühl;
  • Müdigkeit und Erschöpfung.

Weitere Beschwerden und Risiken:

Etwa einer von zehn Patienten mit Colitis ulcerosa leidet unter gesundheitlichen Problemen, die nicht vom Darm ausgehen (extraintestinale Manifestationen). Dabei handelt es sich etwa um Haut- und Schleimhautveränderungen, Gelenkschwellungen sowie Entzündungen der Augen und der Gallenwege.

Wie wird die Colitis ulcerosa behandelt?

Die Basis der Behandlung bei CED bildet die medikamentöse Therapie. Die meisten Patienten mit Colitis ulcerosa reagieren gut auf die zur Verfügung stehenden Medikamente. Bei den Kriterien für die geeignete Auswahl kommt es vor allem das individuelle Beschwerdebild, die Krankheitsphase, die Verträglichkeit und deine spezifischen Bedürfnisse an.

Falls die Medikamente nicht dauerhaft wirken, kommt ein chirurgischer Eingriff in Frage, bei dem je nach Befall Teilabschnitte bis hin zum gesamten Dickdarm entfernt werden (Kolektomie). Die Vorstellung mag zunächst erschreckend sein. Die Erfahrungen von Betroffenen, die sich für eine totale Kolektomie entschieden haben, zeigen allerdings, dass man auch ohne diesen Darmabschnitt gut leben kann.

In den folgenden Situationen erscheint die Kolektomie sinnvoll:

  • Bei schweren Verläufen reichen Medikamente nicht aus, um die Entzündung einzudämmen und die Beschwerden zu lindern.
  • Es kommt zu schwer behandelbaren Komplikationen wie Blutungen oder einer Durchlöcherung der Darmwand (Perforation).
  • Eine Langzeitbehandlung verbietet sich aus bestimmten Gründen (Kontraindikationen).
  • Im Darm werden Anzeichen für einen bösartigen Tumor oder dessen Vorstufen festgestellt.
  • Es kommt bei Kindern durch die medikamentöse Behandlung zu einer Wachstumsverzögerung.

Der Dickdarm wird in zwei Schritten entfernt:

  1. Der Zugang erfolgt über einen Bauchschnitt oder mit der sogenannten Schlüssellochchirurgie (Laparoskopie). Die Operateure entfernen die betreffenden Darmabschnitte und achten dabei vor allem darauf, dass der Schliessmuskel im After unverletzt bleibt. Das ist die Voraussetzung, damit ein künstlicher Darmausgang vermieden werden kann.
  2. Wenn es gelingt, das Dünndarmende mit dem Enddarm samt funktionstüchtigem Schliessmuskel zu verbinden, kann auf einen künstlichen Darmausgang verzichtet werden. Als Reservoir für den Stuhl wird aus dem letzten Dünndarmabschnitt ein Schlauch geformt (ileoanaler Pouch). Damit kann der Patient selbstbestimmt die Darmentleerung vornehmen.

 

Ist das Darmkrebs-Risiko bei Colitis ulcerosa erhöht?

Ja, die chronische Entzündung im Dickdarm erhöht dein Darmkrebs-Risiko. Die Gefahr lässt sich aber durch angepasste Therapien und regelmässige Darmspiegelungen verringern. Bei den Untersuchungen kann dein Arzt eventuelle Krebsvorstufen erkennen und diese entfernen.

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