Laborbefunde
Informationen aus Blut und Stuhl: die Laborbefunde
Neben dem Ă€rztlichen GesprĂ€ch und der körperlichen Untersuchung gehören auch Blutuntersuchungen und Stuhlproben zum Standardprogramm bei chronisch entzĂŒndlichen Darmerkrankungen (CED). Die dabei ermittelten Laborbefunde werden sowohl auf dem Weg zur Diagnose als auch bei der Beurteilung des Krankheitsverlaufs bzw. Behandlungserfolgs genutzt.
Bei einer Blutuntersuchung werden routinemĂ€ssig ĂŒblicherweise die folgenden Parameter bestimmt:
- EntzĂŒndungswerte (C-reaktives Protein; Blutsenkungsgeschwindigkeit);
- weisse Blutkörperchen (Leukozyten);
- rote Blutkörperchen (Erythrozyten);
- BlutplÀttchen (Thrombozyten);
- HĂ€moglobin;
- freies Eisen;
- gespeichertes Eisen (Ferritin);
- Vitamin B12;
- Elektrolyte (z.B. Natrium und Kalium);
- Gerinnungswerte;
- Nierenwerte (Kreatinin und Harnstoff);
- Leberwerte (GOT, GPT, AP, GGT).
Schon die Routine-Liste ist also lang, es kommen noch zahlreiche Spezialuntersuchungen zur Bestimmung von Antikörpern und anderen Blutparametern bei individuellem Bedarf hinzu.
Kurz zur ErlĂ€uterung: In der normalen Blutuntersuchung wird vor allem nach Hinweisen auf EntzĂŒndung, NĂ€hrstoffmangel und Blutarmut gesucht. Bei einer CED sind hĂ€ufig (nicht immer) die EntzĂŒndungswerte wie das C-reaktive Protein (CRP) und die Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) erhöht, was auch fĂŒr die weissen Blutkörperchen gilt. Durch hĂ€ufige Blutungen aus dem Darm kann es zu Eisenmangel und Blutarmut (AnĂ€mie) kommen. Neben einer verminderten Zahl an roten Blutkörperchen weist ein reduzierter Gehalt an rotem Blutfarbstoff (HĂ€moglobin) darauf hin. Mithilfe der Eisenwerte kann der Arzt die Art der AnĂ€mie genauer bestimmen.
Der Grund fĂŒr einen erniedrigten HĂ€moglobin-Wert kann bei CED auch ein Mangel an Vitamin B12 und FolsĂ€ure sein. Vitamin B12 wird im menschlichen Körper nur im Endabschnitt des DĂŒnndarms aufgenommen. Deshalb sind von einem Vitamin B12-Mangel vor allem Crohn-Patienten betroffen, deren terminales Ileum entzĂŒndlich befallen ist oder denen dieser DĂŒnndarmabschnitt durch eine Ilezökalresektion entfernt wurde.
Eine Erhöhung der Leberwerte kann eine Vielzahl von kurz- oder lĂ€ngerfristig bestehenden Ursachen haben. Weithin bekannt ist der (ĂŒbermĂ€ssige) Genuss von Alkohol. Neben diversen Lebererkrankungen kann auch die Verstoffwechslung von Medikamenten dieses Entgiftungsorgan belasten. Von besonderem Interesse sind die Leberwerte auch bei Verdacht auf eine primĂ€r sklerosierende Cholangitis (PSC) bei der die GallengĂ€nge chronisch entzĂŒndet sind und ein Gallenstau droht. Diese Erkrankung tritt im Alter zwischen 30 und 50 Jahren, ĂŒberwiegend bei MĂ€nnern und viel seltener als eine CED auf. Allerdings wird bei bis zu 85% der PSC-Patienten gleichzeitig eine CED, vor allem die Colitis ulcerosa, beobachtet.âł
Ein abweichender Wert hat fĂŒr sich allein genommen meistens wenig Beweiskraft. Eine tragfĂ€hige Interpretation ergibt sich â im Abgleich mit den anderen diagnostischen Ergebnissen â durch die Zusammenschau aller Werte und anhand des Verlaufs bei wiederholten Messungen.
Was bedeuten die Laborwerte?
Ăbersicht ĂŒber wichtige Laborwerte und ihre Bedeutung bei chronisch entzĂŒndlichen Darmerkrankungen.
Laborwert | Bedeutung | Aussagekraft bei CED | |
---|---|---|---|
BSG | Blutsenkungsgeschwindigkeit | â | Zeichen fĂŒr EntzĂŒndung |
CRP | C-reaktives Protein, wichtige EntzĂŒndungsmarker | â | Zeichen fĂŒr EntzĂŒndung/Infektion |
Leukozyten | weiĂe Blutkörperchen, wichtig fĂŒr die Immunabwehr | â â |
Zeichen fĂŒr EntzĂŒndung/Infektion Wirkung von Azathioprin/6-MP |
Erythrozyten | rote BlĂŒtkörperchen, transportieren den Sauerstoff im Blut | â | AnĂ€mie (Blutarmut) |
Thrombozyten | BlutplĂ€ttchen, wichtig fĂŒr die Blutgerinnung | â | Zeichen fĂŒr EntzĂŒndung |
HĂ€moglobin | roter Blutfarbstoff | â | AnĂ€mie (Blutarmut) |
Eisen | wichtig fĂŒr Sauerstofftransport im HĂ€moglobin | â | AnĂ€mie (Blutarmut) |
Ferritin | Speichereisen | â â |
AnĂ€mie (Blutarmut) Zeichen fĂŒr EntzĂŒndung |
Transferrin-SĂ€ttigung | Transporteisen | â | AnĂ€mie (Blutarmut), da Transporter leer |
Albumin | EiweiĂ im Serum | â | EiweiĂverlust durch DurchfĂ€lle oder MangelernĂ€hrung |
Vitamin B12 | wichtig fĂŒr Blutbildung | â | verminderte Aufnahme im DĂŒnndarm, kann zu AnĂ€mie fĂŒhren |
Quick, INR, PTT | Werte der Blutgerinnung | werden vor Darmspiegelung bestimmt | |
Kreatinin, Harnstoff | Werte der Nierenfunktion | â | eingeschrĂ€nkte Nierenfunktion |
GOT, GPT, AP, gamma-GT | Werte der Leberfunktion | â | beeintrĂ€chtigte Funktion der Leber bzw. Aufstau von GalleflĂŒssigkeit |
Die Abbildung wurde mit freundlicher Genehmigung des Zuckschwerdt Verlags aus folgendem Buch entnommen: âDer grosse Patientenratgeber Morbus Crohn und Colitis ulcerosaâ von Frau Prof. Dr. med. Seiderer-Nack, © 2013 Zuckschwerdt Verlag, ISBN 978-3-86371-077-4
Warum ist der Calprotectin-Wert wichtig?
Ausser im Blut lassen sich auch im Stuhl Hinweise auf eine EntzĂŒndungsaktivitĂ€t im Magen-Darm-Trakt finden. Als derzeit bester labordiagnostischer Marker gilt Calprotectin, dessen Wert relativ einfach ĂŒber die Abgabe einer Stuhlprobe im Labor bestimmt werden kann. Bei gestörter Barrierefunktion der Darmschleimhaut durch eine EntzĂŒndung gelangen neutrophile Granulozyten, eine Unterart von weissen Blutkörperchen, vermehrt durch die Darmwand in die Darmhöhle und setzen dort Calprotectin frei. Dieses Eiweiss ist dann im Stuhl in erhöhter Konzentration nachweisbar und zwar in AbhĂ€ngigkeit von der Anzahl der eingewanderten Granulozyten.
Bei einer CED im akuten Schub sind die Calprotectin-Werte folglich meist erhöht, wĂ€hrend einer entzĂŒndungsfreien Phase dagegen eher niedrig. Als AktivitĂ€tsmarker eignet sich Calprotectin deshalb auch sehr gut fĂŒr das Therapiemonitoring und zur Verlaufskontrolle bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Ein weiterer hĂ€ufig genutzter fĂ€kaler Marker ist Lactoferrin. Es wird ebenso wie Calprotectin von neutrophilen Granulozyten produziert.
Im Ăberblick: Die Messung des Calprotectin-Werts im Stuhl dient
- zur Unterscheidung zwischen entzĂŒndlichen und funktionellen Darmerkrankungen;
- zum Ausschluss eines Reizdarmsyndroms;
- zur Diagnostik bei CED-Verdacht (Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Divertikulitis);
- zur EinschĂ€tzung der entzĂŒndlichen AktivitĂ€t bei CED (AktivitĂ€tsschĂŒbe);
- zum Therapie-Monitoring und zur FrĂŒherkennung von Remissionen und Rezidiven bei CED.âł
Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa?
Die Laborbefunde sind zwar ein nĂŒtzliches, aber kein alleinstehendes Instrument bei Verdacht auf CED und fĂŒr Verlaufskontrollen. Die beiden Krankheiten Morbus Crohn und Colitis ulcerosa lassen sich damit auch kaum auseinanderhalten. Die Laborwerte können in beiden FĂ€llen so gut wie identisch sein. Deshalb sind bildgebende Verfahren wie der Ultraschall und vor allem die Darmspiegelung der entscheidende Schritt zur Diagnosestellung.âł
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