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CED: Welche Rolle spielt die ErnÀhrung?

Ein grosses Thema

Da chronisch entzĂŒndliche Darmerkrankungen (CED) den Verdauungstrakt betreffen, ist die ErnĂ€hrung logischerweise ein grosses Thema – noch mehr als in heutiger Zeit ohnehin schon. Dabei gelten die GrundsĂ€tze der gesunden ErnĂ€hrung auch fĂŒr Menschen mit Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa – bis auf bestimmte Ausnahmen und ergĂ€nzt um einige wichtige Aspekte.↳

In dieser Podcast Episode teilt Markus Ganz, welcher die Diagnose Colitis ulcerosa 1992 erhalten hat, seine ganz persönlichen Erfahrungen in punkto ErnÀhrung und erzÀhlt auf was er bei einem Schub achtet.

Gibt es eine spezielle DiÀt bei Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa?

Nein. Es gibt keine feste ErnĂ€hrungsweise, die pauschal fĂŒr alle Menschen mit CED passt. DafĂŒr sind nicht nur die KrankheitsausprĂ€gungen und -verlĂ€ufe zu unterschiedlich, sondern auch die individuellen Essgewohnheiten und UnvertrĂ€glichkeiten.

Prinzipiell gelten folgende, leicht zu merkende Hinweise:

  • Es gibt keine festen Regeln fĂŒr die ErnĂ€hrung bei CED. Du musst normalerweise keine spezielle DiĂ€t einhalten. Auf den Tisch kommt, was bekommt.
  • GrundsĂ€tzlich ist eine ausgewogene, vitaminreiche und frische Kost empfehlenswert. Achte bei Schonkost in einer akuten EntzĂŒndungsphase besonders auf die Vermeidung einer MangelernĂ€hrung.
  • Verzichte möglichst auf Alkohol und versuche, dein gesundes Idealgewicht zu erreichen bzw. zu halten.↳

Welche Vorteile hat die eine gesunde ErnÀhrung?

Es ist also erstmal Entspannung rund ums Essen angesagt, dessen Spassfaktor trotz der zeitweisen Misere im Darm nicht zu kurz kommen sollte. Gleichwohl gibt es mehrere gute GrĂŒnde, sich doch etwas intensiver mit dem Thema zu beschĂ€ftigen, denn bei CED steht die LebensqualitĂ€t eng mit der fĂŒr dich richtigen ErnĂ€hrung in Verbindung, durch die du

  • Symptome und Beschwerden deiner Erkrankung(en) lindern,
  • den Alltag erleichtern und LebensqualitĂ€t sowie psychisches Wohlbefinden erhöhen,
  • krankheitsbedingte Defizite ausgleichen,
  • die Therapie unterstĂŒtzen und
  • deine Gesundheit ganz allgemein verbessern kannst.

Bei einem ungĂŒnstigen ErnĂ€hrungsstil ist stattdessen mit gegenteiligen Effekten zu rechnen. Da drĂ€ngt sich natĂŒrlich auch die Frage auf, inwiefern unsere moderne ErnĂ€hrungsweise fĂŒr die Entstehung von CED verantwortlich ist.↳

Ist die ErnÀhrung schuld an Morbus Crohn und Colitis ulcerosa?

Nein, jedenfalls nicht allein. Da die CED-HĂ€ufigkeit in IndustrielĂ€ndern deutlich höher liegt als im Rest der Welt, wird ein Zusammenhang mit zivilisatorischen UmwelteinflĂŒssen wie Hygiene und ErnĂ€hrung vermutet. Bei uns verbreitete ErnĂ€hrungsgewohnheiten mit einem hohen Anteil an Industriezucker, ungĂŒnstigen Fetten oder ĂŒbermĂ€ssigem Fleischkonsum könnten dabei, wie bei verschiedenen anderen Zivilisationskrankheiten, eine Rolle spielen.

TatsĂ€chlich lassen sich ErnĂ€hrungsfaktoren feststellen, die die CED-Entstehung, den Krankheitsverlauf, die HĂ€ufigkeit und den Schweregrad akuter EntzĂŒndungsschĂŒbe beeinflussen können. FĂŒr eine alleinverantwortliche Rolle der ErnĂ€hrung gibt es bisher jedoch keine sicheren Beweise. Es gibt auch keine wissenschaftlich belegte ErnĂ€hrungsform, die das Risiko fĂŒr die Entstehung von Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa reduziert – abgesehen vom Stillen, der einzigen spezifischen ErnĂ€hrungsempfehlung zur Vorbeugung von CED.

Diese auf Bevölkerungsebene oder in einer grossen Patientengruppe beobachteten ZusammenhĂ€nge gelten aber nicht automatisch fĂŒr den Einzelfall. Es gibt auch CED-Patienten, die lange gestillt wurden und auf dem Land statt in der Stadt aufwuchsen. Bei der ErnĂ€hrung verhĂ€lt sich, wie auch bei der CED, kein Körper genau gleich wie der andere.↳

 

Wie stelle ich am besten meinen Speiseplan zusammen?

Fastfood und TiefkĂŒhlpizza eignen sich nicht als Grundlage, so viel ist klar. Es ist etwas mehr Eigeninitiative gefragt, die auch Spass machen kann. Stelle deinen Speiseplan entsprechend deiner individuellen VertrĂ€glichkeiten und Vorlieben zusammen.

Ein paar Tipps dafĂŒr:

  • Ausprobieren: Es gibt keine ErnĂ€hrungsregeln, die fĂŒr alle gelten. Vollkornbrot etwa wird wegen der Ballaststoffe nicht fĂŒr Menschen mit CED empfohlen, manche vertragen es aber durchaus. Also probier aus, was dir schmeckt und was du wann vertrĂ€gst.
  • Auslassen: Mach Auslassversuche und verzichte gezielt jeweils auf ein bestimmtes Lebensmittel, um UnvertrĂ€glichkeiten festzustellen.
  • ErnĂ€hrungstagebuch: Dokumentiere dein ErnĂ€hrungsverhalten und seine Folgen fĂŒr eine Weile. So bekommst du einen Überblick und Anregungen fĂŒr deine ErnĂ€hrungsplanung sowie eine gute Grundlage fĂŒr das ArztgesprĂ€ch bei Bedarf.
  • CED-taugliche Rezepte finden sich zahlreich im Internet und in KochbĂŒchern bzw. Ratgebern (siehe Buch-Tipp!). An der Entwicklung der Rezepte sollten ausgebildete ErnĂ€hrungsberater mitgewirkt haben.
  • Neben der Informationsflut in Internet und Medien kann ein persönliches GesprĂ€ch mit einem ErnĂ€hrungsberater hilfreich sein. Die Patientenvereinigung Crohn Colitis Schweiz bietet beispielsweise fĂŒr ihre Mitglieder eine telefonische ErnĂ€hrungsberatung an.
  • Die ErnĂ€hrung muss man nicht ĂŒberbewerten, sie sollte trotzdem auch ein Thema im Ă€rztlichen GesprĂ€ch sein. Das bietet sich in Verbindung mit den regelmĂ€ssigen Kontrolluntersuchungen (auch auf Spurenelemente wie Zink, Magnesium, Kupfer und Selen) ohnehin an.
  • Last but not least: ErnĂ€hrung ist auch Gewohnheitssache. Du wirst nach einer mehrwöchigen Umstellungsphase erstaunt ĂŒber neue kulinarische Vorlieben sein, die du dir vorher gar nicht vorstellen konntest

Zur Orientierung fĂŒr deine ErnĂ€hrungsplanung:

Hier eine kleine Auswahl an Empfehlungen fĂŒr den ErnĂ€hrungsalltag bei CED↳

  "IN"
(empfehlenswert)
"OUT"
(nicht empfehlenswert)
Speiseplan
  • ausgewogene, nĂ€hrstoff- und vitaminreiche, frische Kost
  • viel FlĂŒssigkeit (Wasser, KrĂ€uter- oder FrĂŒchtetee), ggf. mehr als die Empfehlung von 1,5–2 Liter fĂŒr Gesunde
  • auf BauchgefĂŒhl hören, eigene (Un-) VertrĂ€glichkeiten beachten
  • Essen mit Genuss und Freude
  • einseitig
  • ĂŒberwiegend Fertiglebensmittel
  • viel Zuckerhaltiges (Kuchen, Torten, SĂŒssigkeiten, gesĂŒsste GetrĂ€nke)
  • zu wenig FlĂŒssigkeit
  • spezielle DiĂ€t (ausser auf Ă€rztliche Empfehlung)
Mahlzeiten
  • mehrere kleine Mahlzeiten
  • wenige grosse Mahlzeiten (belastender fĂŒr den Darm)
Nahrungsaufnahme
  • bewusstes Essen in Ruhe und mit Zeit
  • gut gekaut
  • wohltemperiert
  • hastiges Essen in Hektik und mit Stress
  • mehr geschlungen als gekaut
  • zu heiss oder zu kalt (unnötiger Stress fĂŒr Magen und Darm)
Lebensmittel
  • viel Eiweiss (Fisch, weisses Fleisch, Eier)
  • kalorienreich
  • Fett in kleineren Mengen
  • mangelnde Eiweisszufuhr (Eiweissverlust bei Durchfall)
  • nĂ€hrstoffarm, leere Kalorien
  • viel Fett
  • sĂ€urehaltige Lebensmittel
  • Milchprodukte bei Laktoseintoleranz (ggf. prĂŒfen!)
  • bestimmte Lebensmittel (z.B. Milch, SĂŒdfrĂŒchte, Schokolade), wenn sie Darmgrummeln oder Durchfall auslösen
Zubereitung
  • DĂŒnsten und Garen
  • Braten
Brot
  • Weiss- und Graubrot
  • Vollkornbrot (belastender)
Obst
  • pĂŒriert besonders gut vertrĂ€glich (z. B. Äpfel, Erdbeeren)
  • u. a. Heidelbeeren (Anthocyane: entzĂŒndungshemmend)
  • sĂ€urehaltiges Obst
  • Bananen, Feigen, Dörrobst wie Backpflaumen (blĂ€hend)
GemĂŒse
  • diverse, nach VertrĂ€glichkeit und Vorlieben
  • Kohl, HĂŒlsenfrĂŒchte, Schwarzwurzeln, Lauch, Zwiebeln, manche Rohkostsalate (blĂ€hend)
GewĂŒrze
  • Ingwer und Kurkuma (Curcumin: entzĂŒndungshemmend)
 
NĂ€hrstoffe
  • langkettige Kohlenhydrate aus StĂ€rke (GemĂŒse, Kartoffeln, Getreide)
  • Omega-3-FettsĂ€uren (z. B. in Makrele, Hering, Lachs)
  • fertige Babynahrung aus GlĂ€schen
  • feine Hafer- oder Hirseflocken
  • viele kurzkettige Kohlenhydrate (z. B. Zucker)
  • viele Ballaststoffe (belasten den Darm)
MikronĂ€hrstoffe Eisen, FolsĂ€ure, Kalium, Kalzium, Kupfer, Magnesium, Selen, Zink, Vitamin B 12, Vitamin D  
GetrÀnke
  • Wasser (ohne KohlensĂ€ure)
  • milder Tee, Kaffee
  • Glas Alkohol gelegentlich (z. B. Sekt)
  • Alkohol (regel- oder ĂŒbermĂ€ssig)
  • harte Spirituosen
  • KohlensĂ€ure (blasenbildend)
bei akutem Schub
  • verdĂŒnnte Saftschorlen und mĂ€ssig gewĂŒrzte, lauwarme GemĂŒsesuppen zum Ausgleich von FlĂŒssigkeits- und Mineralstoffverlusten
  • Trinknahrung zur UnterstĂŒtzung der normalen Mahlzeiten
  • ungenĂŒgende Nahrungs- und FlĂŒssigkeitszufuhr
  • jeglicher Alkohol
bei Medikamenteneinnahmen
  • Zufuhr von Kalzium und Vitamin D bei Cortison-Therapie (Osteoporose-Gefahr!)
 

 

Besteht die Gefahr einer MangelernÀhrung?

Ja. Wegen der geschĂ€digten Darmbarriere kommt es bei CED zu einem sogenannten Malabsorptionssyndrom, bei dem die NĂ€hrstoffaufnahme aus dem Darm gestört ist. Zudem entziehen die DurchfĂ€lle dem Körper FlĂŒssigkeit und NĂ€hrstoffe, wĂ€hrend die Nahrungsaufnahme unter den Krankheitsbeschwerden leidet. Schliesslich sind auch noch mögliche ungĂŒnstige Effekte von Medikamenten wie z.B. Kortison zu beachten und gezielt auszugleichen.

Wichtige Faktoren fĂŒr eine MangelernĂ€hrung im Überblick:

  • verminderte Nahrungsaufnahme u.a. aufgrund von Schmerzen, DurchfĂ€llen, Fieber, Übelkeit, EntzĂŒndungen im Mundbereich;
  • NĂ€hrstoff- und FlĂŒssigkeitsverluste bei Durchfall;
  • gestörte NĂ€hrstoffaufnahme bei entzĂŒndetem Darm;
  • zusĂ€tzliche Probleme mit der MikronĂ€hrstoffbilanz durch Medikamente;
  • MĂŒdigkeit, Abgeschlagenheit und Gewichtsverlust als Folgen, die das Geschehen noch weiter verschĂ€rfen.

Bei Kindern ist die Gefahr einer Mangelsituation, die sich negativ auf Wachstum und Entwicklung auswirken könnte, besonders gross. In bis zu 85% der FÀlle ist mit Protein- und MikronÀhrstoffdefizit zu rechnen.

Konsequenz: Lass deine NĂ€hrstoffsituation regelmĂ€ssig vom Arzt ĂŒberprĂŒfen (v.a. Eisen, Vitamin D, FolsĂ€ure, Vitamin B12, Zink, Magnesium, Kupfer, Selen). Ein nachgewiesener NĂ€hrstoffmangel kann gezielt ĂŒber die ErnĂ€hrung oder kurzfristig per Tablette oder Infusion ausgeglichen werden. Nach starkem FlĂŒssigkeitsverlust wegen wiederkehrender DurchfĂ€lle kannst du mit Tabletten oder ElektrolytgetrĂ€nken fĂŒr einen Ausgleich sorgen.

Übrigens: Ein unbeabsichtigter Gewichtsverlust von mehr als 5 % innerhalb eines Vierteljahres sollte allerdings Ă€rztlich abgeklĂ€rt werden. Auch wenn du abnehmen möchtest, solltest du dich an deinen Arzt wenden und mit ihm ĂŒber eine individuelle ErnĂ€hrungstherapie sprechen.↳

Wie zeigt sich ein Vitamin-B12-Mangel?

Bei Morbus Crohn ist das Risiko eines Vitamin-B12-Mangels deutlich erhöht, da die Aufnahme (Resorption) im DĂŒnndarmbereich gestört sein kann. Vitamin B12 wird normalerweise in der Leber gespeichert und dort ĂŒber Jahre gelagert. NatĂŒrliche Quellen fĂŒr die menschliche ErnĂ€hrung sind Fleisch, Fisch und MeeresfrĂŒchte sowie Eier und Milchprodukte, wĂ€hrend das Vitamin in pflanzlichen Lebensmitteln kaum vorkommt. Veganern wird deshalb die dauerhafte Einnahme eines Vitamin-B12-PrĂ€parats empfohlen.

Im menschlichen Körper deckt Vitamin B12 ein breites Wirkspektrum ab, das vom Stoffwechsel ĂŒber Nervensystem und Blutbildung bis zur Entgiftung reicht. Zudem ist es an der FolsĂ€ure-Umwandlung, dem FettsĂ€urenabbau und an allen WachstumsvorgĂ€ngen beteiligt. Dementsprechend zeigt sich ein Mangel vielgestaltig durch

  • MĂŒdigkeit, Erschöpfung, Schwindel,
  • Blutarmut (AnĂ€mie), blasse Haut,
  • eingerissene Mundwinkel, brĂŒchige Haare und splitternde NĂ€gel.

Bei solchen Anzeichen sollten du und dein Arzt an einen Vitamin-B12-Mangel denken. Geleerte Vitamin-B12-Speicher können durch Infusion wieder aufgefĂŒllt bzw. aufrechterhalten werden. Eine Anpassung der ErnĂ€hrungsweise ist ebenfalls hilfreich.↳

Wann ist eine kĂŒnstliche ErnĂ€hrung sinnvoll?

In EinzelfÀllen und dann meist bei einem akuten Schub. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten:

  • parenterale ErnĂ€hrung: Die NĂ€hrstoffe gelangen ĂŒber einen Katheter direkt in die Blutbahn in den Stoffwechsel.
  • enterale ErnĂ€hrung:  Die breiige oder dĂŒnnflĂŒssige Nahrung gelangt ĂŒber eine Sonde oder einen Schlauch in Magen, DĂŒnndarm oder Zwölffingerdarm. Damit können auch bei wachstumsverzögerten Kindern in einer Akutphase sehr gute Ergebnisse erzielt werden.↳

Welche Rolle spielt die (parenterale) ErnÀhrung beim Kurzdarmsyndrom ? weiter >>

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