Individuelle Therapie
In dieser Podcast Episode diskutiert die Gastgeberin Dr. Eve Huber mit Noah Herzog, der 2013 die Diagnose Morbus Crohn erhalten hat, wie man als Betroffener erkennen kann, dass eine Therapie wirkt, und was Zeichen dafür sind, mit dem Arzt über eine Anpassung der Behandlung zu sprechen. Noah Herzog schildert eindrücklich seinen eigenen Weg und den Umgang mit verschiedenen Therapien.
Welche Therapie ist optimal?
Bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) gibt es keine Standardtherapie und keine Wundermittel. Morbus Crohn und Colitis ulcerosa haben viele verschiedene Gesichter und jeder Betroffene hat sozusagen seine eigene CED. Deshalb geht es darum, zusammen mit dem Arzt deines Vertrauens eine individuelle und für dich massgeschneiderte Therapie zu finden. Dann stehen deine Chancen gut, die Erkrankung in den Griff zu bekommen und das Hauptziel der Behandlung zu erreichen: die Erlangung einer Remission, also der „Stilllegung“ der Erkrankung, eine möglichst lange Erhaltung dieses Zustands, um ein „weitgehend“ normales und lebenswertes Leben führen zu können – auch mit CED.
Die medizinische Behandlung beruht auf drei Säulen:
In den meisten Fällen ist eine CED mit Medikamenten gut in den Griff zu bekommen. Für ein optimales Behandlungsergebnis gibt es ein paar wichtige Grundsätze:
- Je früher, desto besser: Je früher eine Therapie eingeleitet wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass zukünftige Krankheitsschübe und dauerhafte Schäden am Darm vermieden werden können.
- Die optimale Therapiewahl unterscheidet sich von Patient zu Patient und hängt u.a. vom Verlauf, der Schwere und der Lokalisation der Erkrankung ab.
- Die optimale ärztliche Behandlung erfolgt in einem interdisziplinären Team mit hoher CED-Expertise, zu dem ausser deinem behandelnden Gastroenterologen je nach Bedarf weitere Fachärzte gehören (z.B. Endoskopiker, Radiologe, Bauchchirurg, koloproktologischer Chirurg).
- Deine Mitwirkung als Patient ist gefragt! Das betrifft sowohl die Mitbestimmung beim Therapieentscheid als auch die zuverlässige, regelmässige Umsetzung der abgestimmten Therapiemassnahmen, Anwendung der Medikamente und Wahrnehmung der ärztlichen Kontrolltermine.
- Schubtherapie: Primär geht es darum, mit Medikamenten möglichst rasch ein Abklingen der Beschwerden (klinische Remission) zu erreichen.
- Darüber hinaus sollte möglichst eine Entzündungsfreiheit im Darm (so genannte mukosale Heilung oder endoskopische Remission) erzielt werden.
- Erhaltungstherapie: Die langfristige Behandlung dient zur Aufrechterhaltung und Verlängerung der beschwerdefreien Phase (Remission), nur so können strukturelle Schäden am Darm und somit auch ein operativer Eingriff vermieden bzw. verzögert werden.
- Der Krankheitsverlauf lässt sich nur schwierig vorhersagen, deshalb sind regelmässige Kontrolluntersuchungen wichtig.
- Die Behandlungsmöglichkeiten bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind überwiegend gleich, es gibt aber Unterschiede im Detail
- Bei optimaler Behandlung und regelmässiger Vorsorge kannst du von einer normalen Lebenserwartung ausgehen und sehr wahrscheinlich ein weitgehend beschwerdefreies Leben führen.
Umgekehrt gilt: Krankheitsschübe und Komplikationen sind vor allem ohne Behandlung oder unregelmässige Einnahme der Medikamente häufig. Achte also auf dich und frage bei Unsicherheiten und Ängsten deinen behandelnden Arzt lieber einmal zu viel als einmal zu wenig.
Der erste Patient mit einer chronisch entzündlichen Darmkrankheit wurde vor etwa 150 Jahren beschrieben – und seither hat sich einiges getan. Mit ihrem Gast Dr. med. Christoph Matter, unternimmt Dr. Eve Huber eine Zeitreise durch die verschiedenen Meilensteine in der Geschichte der CED Therapie und wirft einen Blick in die Zukunft der Therapie.
Übrigens: Zu den Behandlungsmassnahmen bei Colitis ulcerosa, die in medizinischen Leitlinien empfohlenen werden, gehören auch Probiotika, speziell der Bakterienstamm „Escherichia coli Nissle 1917“ (EcN). Er kann etwa zum Einsatz kommen, wenn jemand eine Behandlung mit Aminosalicylaten nicht verträgt. Die Erreger sind selbst ungefährlich und können gegen die Colitis-Entzündungsherde wirksam sein.
Eine Operation ist, abgesehen von sehr seltenen Notfallsituationen und dem häufigeren Einsatz bei Komplikationen, normalerweise die letzte Option, wenn die medikamentöse Behandlung nicht mehr ausreicht. Doch selbst dann, wenn die Entfernung von Darmteilen oder sogar die Anlage eines Stomas erforderlich wird, ist das kein Grund zum Verzweifeln. Im Gegenteil: Operierte Patienten und Stoma-Träger berichten häufig davon, dass sich ihre Lebensqualität durch den Eingriff stark verbessert hat. Die Komplementärmedizin steht heutzutage bei vielen Patienten hoch im Kurs und wird auch in der ärztlichen Praxis zunehmend berücksichtigt. Bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa scheinen ihre Möglichkeiten allerdings recht begrenzt zu sein. Entspannungstechniken (Meditation, autogenes Training, Yoga) und Naturheilkunde (z.B. Tees mit entzündungshemmenden Inhaltsstoffen) haben durchaus ihren Stellenwert als unterstützende Massnahmen. Zum Spektrum der Möglichkeiten zählt auch die Akupunktur bzw. die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM). Sogenannte „alternativmedizinische“ Angebote sollten aber immer als Ergänzung („komplementär“) und nicht als Ersatz für die schulmedizinische Behandlung betrachtet werden. Bitte sprich solche Therapien immer auch mit deinem Arzt ab, um Komplikationen mit deiner medikamentösen Therapie zu vermeiden.↳
Auf ein aktives Selbstmanagement(u.a. mit gezielter Ernährung/Nahrungsergänzung und Bewegung), einen gesundheitsfördernden Lebensstil (u.a. ohne Rauchen) und ein gepflegtes Zusammenspiel von Körper und Seele. Damit unterstützt du – neben der adäquaten Behandlung – dein Wohlbefinden und deine Selbstheilungskräfte.